Bodhgaya – Mahabodhi

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Den heutigen Tag hatte ich – auf meinem Wunsch – für mich. Ein Besuch vom Bodhgaya ohne den Mahabodhi-Tempel ist für mich nicht vorstellbar. Der Tempel, der an dem Ort erbaut wurde, an dem Buddha unter den Bodhi-Baum seine Erleuchtung fand, gehört zu den wichtigsten buddhistischen Pilgerstätten. Der Eintritt in den Tempel ist gratis, aber Mobiltelefone sind verboten und für Fotoapparate muss man zahlen (€ 1,50) – die Mitnahme von zwei Fotoapparaten ist nicht vorgesehen.

Am Vormittag war im Tempel nicht besonders viel los – Mönche aus allen möglichen Gegenden – hauptsächlich aber aus Tibet und Thailand – waren zu sehen und ein paar indische Pilgergruppen. Ich habe mir viel Zeit gelassen und den Tempel, wie schon ja Jahre davor, auf mich wirken lassen. Diesmal sind mir die vielen leeren Gebetsstätten, die mit meist blauer Abdeckplane geschützt werden, aufgefallen, was eine Auswirkung des Corona-Virus sein kann, doch bisher gibt es in Bihar (Bundesstaat in dem sich Bodhgaya befindet) noch keinen nachgewiesenen Fall – nur negativ getestete Verdachtsfälle. Beim Tempel waren auch ein paar Buben, die Blätter, die vom Bodhi-Baum fallen und halbwegs gut aussehen, sehr flott einsammeln und dann an Pilger und Mönche verkaufen, was bei den thailändischen Gästen am besten funktioniert.

Nachher bin ich wieder ins „be happy Café“, wo ich mir zum Kaffee und einen Cheesecake gönnte – wer weiß denn schon wann man wieder einen bekommt. Danach habe ich mich zu den etwas weiter entfernten Tempeln aufgemacht (alles in 20 Gehminuten erreichbar). Das thailändische Kloster Wat Thai Buddhasawika sieht von außen ganz nett aus, ist allerdings weniger Tempel als reine Klosteranlage. Daneben liegt der auffällige Metta Buddharam Tempel, der in seiner Gesamtheit nur schwer zu sehen ist, da er von anderen Gebäuden umgeben ist. Der vietnamesische Tempel etwas weiter der Straße entlang war leider geschlossen und hat eine für Vietnam übliche Pagode. Zurück Richtung Mahabodhi-Tempel (und fast beim Hotel) bin ich noch in den kambodschanischen Tempel mit seiner bunten Stupa gegangen, in dem die Mönche gerade beteten.

So schön die vielen Tempel und Klöster auch sind, haben sie einen negativen Trend auf die Grundstückspreise, denn diese haben sich in den letzten fünf Jahren in Bodhgaya mehr als verdoppelt. Da es in Indien keine Regulierung über die Nutzung des Landes gibt, bzw. die durch genügend Geldmittel jederzeit geändert werden kann, wird meist landwirtschaftlich genutzt Fläche verkauft. Ärmeren Leuten ist es mittlerweile unmöglich Land zu erwerben auf dem oder von dem sie leben können. Auch das Geld, dass in die Klöster fließt, geht zum Großteil an der lokalen Bevölkerung vorbei – für den ärmsten Bundesstaat Indiens ist dies nicht gerade hilfreich um sich weiterzuentwickeln, was aber den Mönchen und meisten Pilgern sehr egal ist.

Am späten Nachmittag bin ich dann nochmals zum Mahabodhi-Tempel gegangen und bis nach Sonnenuntergang geblieben. Diesmal wurde vor dem Betreten auch bei jedem Besucher Fieber gemessen (bin beruhigt, denn ich hatte offensichtlich keines). Jetzt waren schon mehr Leute da, auch wenn aus verständlichen Gründen westliche Touristen nur mehr selten zu sehen waren. Es wurden gerade Schilder (in Hindi und in Englisch) angebracht, auf denen zu lesen war, dass man doch einen Meter Abstand zu anderen Personen halten soll – was zynisch wirkt, denn ich konnte kein Bild machen, ohne angestoßen zu werden. Masken bzw. Tücher vor dem Mund tragen viele um danach die Gebetsmühlen einer nach der/dem anderen mit der bloßen Hand zu drehen. Diesmal ging ich auch zu den Butterlampen – ein mit großen, verdunkelten und schmierigen Fenstern abgeschlossenes Gebäude, in dem viele kleine Flammen zu sehen sind und aus dessen Schornstein dunkler Qualm aufsteigt. Welchen Sinn dieses unzugängliche Haus machen soll weiß ich nicht. Bei der Abenddämmerung wird dann nach und nach die Beleuchtung eingeschaltet, aber der Mahlbodhi-Tempel wird nicht grell beleuchtet, wie dies oft bei anderen Sehenswürdigkeiten zu sehen ist.

Da ich mich zum Abendessen wieder mit Ranjan getroffen habe, konnte ich nicht so lange bleiben, bis im Mahabodhi Ruhe einkehrt. Es gab wieder Abendessen in Ranjan’s Wohnung – diesmal mit (fast) allen Vorstandsmitgliedern der Schule. Neben den möglichen fatalen Auswirkungen des durch Corona verschwindenden Tourismus auf die Möglichkeit der Schule Spenden zu lukrieren, erklärte man mir (nicht zum ersten Mal immLaufe der Jahre) auch die Problematik, dass Kinder, die nicht zur Schule gehen, oft für Kinderarbeit von den Eltern „verkauft“ werden.Dies fällt niemanden auf, da sie offiziell in einer Schule in Rajasthan, wo die meisten Firmen, die auf billige Arbeitskräfte zurückgreifen, ihren Sitz haben. Der Bitte auf der Webseite (https://www.gyanjyoty.org) als deutschsprachiger Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, konnte ich mich nicht entziehen. Es mag sein, dass € 100 pro SchülerIn im Jahr bzw. € 600 bei den in der Schule schlafenden Schülern nicht extrem viel klingt – aber man muss das Geld erst einmal aus Spenden bekommen, wenn man keine große Organisation im Hintergrund hat.

Warum mich  beim Schreiben dieses Texts im Hotelzimmer nun schon wieder Moskitos umkreisen, obwohl ich im Laufe der letzten Nacht sicher alle erschlagen habe, weiß ich nicht. Die Putztruppe muss hier wohl einen eigenem Vorrat pro Zimmer mitnehmen (gilt für sonst keine Artikel).


16. März 2020